
Willi Thomann in Wulfenau
Zu den innerhalb einer Nachbarschaft festgesetzten Pflichten gehörte es, dass der erste Nachbar bzw. Nachbarsjunge die Hochzeitsgäste persönlich einlud. Die klassische Bekleidung des Hochzeitsbitters bestand aus Frack und Zylinder. Der Hochzeitsbitter kam zu Fuß mit Stab oder mit einem mit rotem und weißem Krepppapier geschmückten Rad. Bei Jedem Besuch trug er seinen Hohzeitsbitterspruch (in der Regel auf plattdeutsch) vor. Als sichtbares Zeichen, dass er seine Aufgabe erfüllt hatte wurde ihm dann ein buntes Band an seinen Hut, sein Rad oder an den Stab gebunden. Dieses Einladungssystem nahm meist mehrere Wochen in Anspruch, denn natürlich ließen es sich die Verwandten und Bekannten des Brautpaares nicht nehmen, sich beim Hochzeitsbitter mit dem ein oder anderen Hochzeitsschluck zu bedanken. Nach einigen Stationen war dann mitunter die Feinmotorik des Hochzeitsbitters so sehr strapaziert, dass er seine weiteren Besuche verschieben musste.
Hochzeitsbitterspruch
Van Brut un Bräütigam kumm ick her.
Gi schull’n komen mit Rad off tau Peer!
Hochtied holen dat is nich übel,
dat staht ja uck all inne Bibel.
Maria, Josef un Apostel allesamt
fierden Hochtied tau Kana in’t gelobte Land.
un lustig sind wi ale gern,
dann kann dei Hochtied prima weern.
Gi jungen Wichter krüllt jau Hoor,
dann fangt gi ’n Freund ganz ohn Gefohr.
Ower gi möt et nich owerdrieben,
dei Brutlüe willt dei wackersten blieben.
Un nu schmückt mien Zilliner mit’n buntet Band,
dann treck ick wieder dör’t ganze Land.
Diese Variante habe ich dem Buch „Mien leiwet Langwege un siene Lüe“ von Paula Espelage entnommen. Weitere Versionen finden sich in „Plattdütske Riemels“ von Werner Kuper.