Wenn im Herbst die Kartoffeln reif sind, treten heute große Kartoffelroder in Aktion. Doch noch bis weit in die 60er Jahre war hier Handarbeit angesagt. Tagelang sammelten Frauen und Kinder die reifen Kartoffeln auf und sortierten sie. Die Herbstferien hießen Kartoffelferien und dienten allein diesem Zweck.
Die Kartoffeln, die zu klein oder beschädigt waren oder noch grüne Stellen hatten mussten von Hand aussortiert werden. Abfall waren Sie jedoch keinesfalls. Sie konnten zur Mast der Schweine wertvolle Dienste leisten. Heute durch spezielles Kraftfutter abgelöst, waren die „Schweinekartoffeln“ damals das am besten geeignete und zudem billigste Schweinefutter.
Roh konnten die Kartoffeln jedoch nicht verfüttert werden. Einerseits musste das hauptsächlich in der Schale vorhandene giftige Solanin zerstört werden. Andererseits musste die Stärke in der Kartoffel aufgeschlossen werden, damit die Schweine sie verdauen konnten. Dies geschah durch das Dämpfen. Daher zogen Dämpfkolonnen über Land und boten mit mobilen Dämpfanlagen ihre Dienste an.

Kartoffeln dämpfen bei Seelhorst in Bünne um 1940
Für die größeren Mengen, die mit der stetigen Zunahme der Schweinemast benötigt wurden, reichten diese auf Ackerwagen montierten kleinen Anlagen in den 60er Jahren allerdings nicht mehr aus. Daher wurden die Kartoffeln zur Sägemühle nach Dinklage transportiert.

Sägemühle In Dinklage
Dort stand eine feste Kartoffeldämpfanlage, Wie ein Zeitzeuge berichtete, war es für die Kinder nach der mühseligen Erntearbeit in damaliger Zeit eine tolle Sache, wenn sie zur Sägemühle mitfahren durften. Die frisch gedämpften Kartoffeln schmeckten abgepellt und gesalzen schließlich hervorragend.
Zurück auf dem Hof mussten die gedämpften Kartoffeln dann in große Behälter eingestampft und luftdicht verschlossen werden, um sie als Schweinefutter haltbar zu machen.
Das Dämpfen von Kartoffeln wird längst nicht mehr praktiziert und auch die alte Sägemühle musste dem Industriegebiet weichen. Eine heute denkmalgeschützte Kartoffeldämpfanlage aber kann man noch in Stöckse bei Nienburg besichtigen. Zurückwünschen muss man sich die Zeiten dieser schweren Handarbeit wohl eher nicht. Die besonders kleinen Kartoffeln aber haben, gerade jetzt als Beilage zu frischem Spargel noch nichts an Geschmack verloren,