Aus der Luft gegriffen

Einige dieser Luftaufnahmen  von Dinklage wurden uns freundlicherweise von Reinhold Klumpe zur Verfügung gestellt. Überwiegend handelt es sich bei den Bildern um Postkartenmotive. Alle uns verfügbaren Postkarten finden Sie hier. KLICK

 

Heute vor 110 Jahren: Der Doonportenbrand

Am Abend des 01.02. 1909 war die sogenannte „Doonporte“ (Totenpforte) in Brand geraten.  Das Haus, das auch als Leichenhalle und zur Unterbringung von Gerätschaften der Feuerwehr diente, befand sich auf dem Parkplatz vor der Kirche.

 

Bei dem Brand wurden folgende Häuser ein Raub der Flammen (in den Zeichnungen  von rechts nach links  :

Szaomels-Böckmann , (jetzt Ürker,Schumacher),Schade , Nietfeld (Flickers), Doonporten, Finken, Goldschmied Diekstall, Schuster Blücher (Arnoldus)

Das alte Haus Schemde  blieb stehen. Nicht wieder aufgebaut wurden Die Doonnporten und das Haus Nietfeld.

 

Der Hochzeitsbitter

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Willi Thomann in Wulfenau

Zu den innerhalb einer Nachbarschaft festgesetzten Pflichten gehörte es, dass der erste Nachbar bzw. Nachbarsjunge die Hochzeitsgäste persönlich einlud. Die klassische Bekleidung des Hochzeitsbitters bestand aus Frack und Zylinder.  Der Hochzeitsbitter kam zu Fuß mit Stab oder mit einem mit rotem und weißem Krepppapier geschmückten Rad.  Bei Jedem  Besuch trug er seinen Hohzeitsbitterspruch (in der Regel auf plattdeutsch) vor. Als sichtbares Zeichen, dass er seine Aufgabe erfüllt hatte wurde ihm dann ein buntes Band an seinen Hut, sein Rad oder an den Stab gebunden. Dieses Einladungssystem nahm meist mehrere  Wochen in Anspruch, denn natürlich ließen es sich die Verwandten und Bekannten des Brautpaares nicht nehmen, sich beim Hochzeitsbitter mit dem ein oder anderen Hochzeitsschluck zu bedanken.  Nach einigen Stationen war dann mitunter die Feinmotorik des Hochzeitsbitters so sehr strapaziert,  dass er seine weiteren Besuche verschieben musste.

Hochzeitsbitter in Schwege

Hochzeitsbitterspruch

Van Brut un Bräütigam kumm ick her.

Gi schull’n komen mit Rad off tau Peer!

Hochtied holen dat is nich übel,

dat staht ja uck all inne Bibel.

Maria, Josef un Apostel allesamt

fierden Hochtied tau Kana in’t gelobte Land.

un lustig sind wi ale gern,

dann kann dei Hochtied prima weern.

Gi jungen Wichter krüllt jau Hoor,

dann fangt gi ’n Freund ganz ohn Gefohr.

Ower gi möt et nich owerdrieben,

dei Brutlüe willt dei wackersten blieben. 

Un nu schmückt mien Zilliner mit’n buntet Band,

dann treck ick wieder dör’t ganze Land.

Diese Variante habe ich dem Buch „Mien leiwet Langwege un siene Lüe“ von Paula Espelage entnommen. Weitere Versionen finden sich in  „Plattdütske Riemels“ von Werner Kuper.

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Friedenstraße: Straßenfest 1990

Das Straßenfest der „Friedis“ 1990 stand unter dem Motto “ 70 Jahre Bauverein“. 70 Jahre zuvor waren die ersten Häuser an der Straße fertiggestellt worden.  So kamen in diesem Jahr auch viele ehemalige Bewohner der Straße zusammen und tauschten ihre Erinnerungen aus.  Überhaupt war die Nachbarschaft in den 1990 er Jahren in Sachen gemeinsamer Feiern sehr aktiv. Regelmäßig wurden Straßenfeste und Kohlessen abgehalten.  Immer wieder wurde dann  „An der Friedenstraße, am Schienenstrang, sind die Friedis zuhause…. “ nach der Melodie von „An der Nordseeküste“ angestimmt.

Hochzeitsbräuche: Böllern

In den frühen Morgenstunden des Hochzeitstages versammelten sich die Männer der Nachbarschaft um den Bräutigam mit Böllerschüssen zu wecken. Dieses war die unmissverständliche Aufforderung an ihn, das nötige hochprozentige Löschwasser bereitzustellen. Zum Böllern wurden Milchkannen oder selbst angefertigte, am unteren Ende verschlossene und mit einem Zündloch versehene Eisenrohre verwendet. In diese wurde nun Schwarzpulver oder Karbid eingefüllt. Dann stopfte man mittels eines Holzpflocks Zeitungspapier hinein und brachte die Ladung durch das Zündloch zur Detonation. Da sich das Böllern über den ganzen Tag hinzog, war dies  auch wegen des fortschreitenden Alkoholgenusses keine ganz ungefährliche Angelegenheit.

Später verwendete man spezielle Standböller. Heute wird dieser  alte Brauch nur noch selten durchgeführt, da das Böllerschießen dem Sprengstoffgesetz unterliegt und entsprechende Nachweise und Genehmigungen erfordert. Auch weil heutiges Böllern in der Regel einen Shitstorm in den sozialen Medien hervorruft ist es praktisch nicht mehr durchführbar.

 

Lohnunternehmer Lampe Wulfenau

Das Lohnunternehmen von Josef  Lampe in Wulfenau gehörte in den 1980 er Jahren wohl zu den größten Norddeutschlands. Später erweiterte Josef Lampe den Betrieb um das Speditionsgeschäft. Nach der Wiedervereinigung kamen dann auch noch Niederlassungen auf Rügen und in Penkun hinzu.  Bis zur Insolvenz der Firma war der Betrieb europaweit tätig.

Aus dem Unternehmen ging die Firma Lampe Spezialtransporte hervor, deren Geschäftsführer sein Sohn Hendrik Lampe ist.  Die Firma Lampe Spezialtransporte bedient heute mit ihrem modernen Fuhrpark besonders Hersteller von landwirtschaftlichen Maschinen. Auch ohne den Bereich der landwirtschaftlichen Lohnunternehmung ist die Firma bis heute in stetigem Wachstum.

Die Aufnahmen des Fuhrparks  der im Einsatz befindlichen Maschinen stammen alle aus den 1980 er Jahren und wurden mir freundlicherweise von Josef Lampe  mit der Genehmigung zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. Dafür bedanke ich mich an dieser Stelle herzlich. Fachkundige Kommentare zu den Maschinen sind hier ausdrücklich erwünscht.

Wer uns mit historischen Fotos und Dokumenten ebenfalls in unserer Arbeit unterstützen möchte ist hierzu herzlich eingeladen. Sofern gewünscht gebe ich die Unterlagen im Anschluss an die Auswertung an das Dinklager Stadtarchiv weiter.

Bildergalerie  des Lohnunternehmens Josef Lampe

aus den 1980 er Jahren

 

 

 

 

Briefe aus dem Küsel

 

Einmal mehr hat mich ein Buch, dass mir zufällig in die Hände gefallen ist, vom Schreiben eines anderen Beitrags abgehalten:  Es handelt sich um die „Briefe aus dem Küsel“ Hochinteressant ist das Buch deshalb, weil hier eine große Anzahl privater Briefe der Elisabeth Gräfin von Galen geborene Reichsgräfin von Spee  abgedruckt sind.

 

Die Gräfin Elisabeth von Spee, Ehefrau von Graf Ferdinand von Galen ist die Mutter des Kardinals Clemens August Graf von Galen. Sie ist eine gebildete, herzensgute Frau aus adeligem Hause und eine eifrige Briefeschreiberin. All ihren Kindern schreibt Sie auch im Alter noch wöchentlich. Diese authentischen Briefe mit den Zusatzinformationen der Autorin geben einen hochinteressanten Einblick in die Lebenswelt der Familie von Galen.

Während Ihr Ehemann Ferdinand von Galen  meist als Reichstagsabgeordneter in Berlin, als Landtagsabgeordneter in Oldenburg oder in anderen Geschäften unterwegs ist. hält sie sich, abgesehen von etlichen Reisen zu ihrem geliebten Elternhaus nach Heltorf bei Düsseldorf, nach Münster, Assen oder auch zu Erholungsreisen an den Gardasee, überwiegend in Dinklage auf.

Burg Dinklage nennt sie den „Alten Küsel“ wohl  im Gegensatz zum komfortabler eingerichteten Haus Assen. oder dem Galenschen Hof in Münster.  Überhaupt scheint man sich im Hause von Galen gern seltsamer Spitznamen zu bedienen: „Strick und Clau“ für die Söhne Franz und Clemens August, „Abt“ oder „Äbtchen“ für Wilhelm,und „Ente“ für die Kinderfrau sind nur einige davon.

Die hauptsächliche Tätigkeit der Gräfin ist schnell dargestellt: Kinder gebären! Im Laufe von 25 Jahren bekommt sie 13 Kinder, davon allein 9 in den ersten 11 Jahren ihrer jungen Ehe (Bei ihrer Hochzeit ist sie 19 Jahre- Ihr Ehemann ist 11 Jahre älter.)  Sie beschäftigt sich auch gern mit Ihnen und später mit ihren Enkeln, die häufig für längere Zeit zu Besuch sind, doch  durch die Kinderfrau „Ente“, dem Burgvikar Pröbsting und weiteren Bediensteten werden Ihr viele Aufgaben abgenommen.

Zudem sind Ihre Söhne schon in jungen Jahren  zur Erziehung  bei Jesuiten im entfernten Feldkirch untergebracht und kommen nur im Sommer für 2 Monate nach Hause.  Überhaupt ist Die Religion und eine fast schon naive Gottgläubigkeit  die zentrale Antriebskraft in ihrem Leben.  Ein Beispiel hierzu ist der Brief,  den sie nach dem frühen Tod ihres Kindes Joseph (mit 2 1/2 Jahren) an ihren Halbbruder Matthias schreibt:

“ …Du wirst aus Heltorf gehört haben, durch welch schmerzliches Opfer der liebe Gott uns geprüft und begnadigt hat! Denn mehr noch als ein Schmerz ist es eine Gnade und ein Glück, ein liebes Kind am Throne Gottes zu haben. Man sollte nur Freudentränen vergießen, wenn man daran denkt, wie früh und so leicht das liebe Seppelchen zur ewigen Seligkeit gelangt ist. ….“

Bereits 6 Jahre vorher war Elisabeth von Galens erstes Kind, ihre Tochter Elisabeth verloren. Auch da hatte sie in Ihren Briefen ganz ähnliche Empfindungen gezeigt.  Diese Schicksalsergebenheit der  an sich lebensfrohen Frau, die in jungen Jahren gern an Tanzvergnügungen teilnahm, ist bemerkenswert und aus heutiger Sicht nicht unbedingt nachvollziehbar, passt aber zu dem katholischen Milieu in das sie eingeheiratet war.

So ist es nicht weiter verwunderlich, dass 2 Ihrer Töchter ins Kloster gehen, ein Sohn ebenfalls die Ordenslaufbahn einschlägt und ihr Sohn Clemens August schließlich sogar Kardinal und seliggesprochen wird.

Das Buch liefert noch reichlich Stoff, um noch weiter auf das religiös motivierte Selbstverständnis der Familie von Galen, ihre Rolle im Kulturkampf und die Folgen für unseren Ort einzugehen, würde hier aber den Rahmen sprengen.

Eines wurde mir bei der Lektüre des Buches allerdings klar: Auch wenn die Sprösslinge dieses Adelsgeschlechts keine materielle Not leiden mussten, kann ich froh sein, nicht diesem Hause zu entstammen, sondern einen Teil meiner Vorfahren in der Familie des Gärtners Joseph Schlinkert zu haben, der in den 1930 er Jahren die Gärtnerei auf Burg Dinklage gepachtet hatte. Eine Reihe seiner Nachkommen, wie auch ich selbst,  wurden Gärtner und mit Sicherheit deutlich liberaler erzogen.

Familie von Galen 1904 und Familie Schlinkert 1933 im Vergleich der Standesunterschiede

 

Das historische Kalenderblatt vom 7.1-12.1.

Bischofsbesuch

Am 8.1. 1980  (?)* besucht der evangelische Bischof von Oldenburg Dr. Hans Heinrich Harms die Gemeinde Dinklage. Am 30. August des Jahres 1981 kommt er erneut (?) nach Dinklage.

harms

Diese Aufnahme vom Besuch 1981 zeigt  Gemeindedirektor Brüning, Bürgermeister Peuker, Bischof Harms und Pfarrer Raddatz .

  • so die Angabe im Jahrbuch Oldenburger Münsterland. Möglich ist dass hier das Datum mit dem hier als 2. Besuch angegebenen Aufenthalt des Bischofs verwechselt wurde.

Einweihung Geschi

Mächtig stolz ist ist der Gemeinderat am 8. 1.1992. An diesem Tag wird die Firma Geschi offiziell eingeweiht. (?)* Der Betrieb läuft bereits seit November des Vorjahres und einen Tag der offenen Tür hat es am 21. Dezember auch schon gegeben. Zu diesem Tag kam auch der Weihnachtsmann, wie im Vorbericht zu der Veranstaltung zu lesen war. Der Coup den bekannten Unternehmer Horst Schiesser  zur Ansiedlung einer Backwarenfabrik mit anfangs 70  Arbeitsplätzen nach Dinklage gelockt zu haben erwies sich jedoch schnell als Glaube an den vorgenannten Weihnachtsmann. Sonst hätte die Gemeinde wohl kaum eine Ausfallbürgschaft für die Firma in Dinklage übernommen.  So kam was kommen musste: Bereits 1997 war Schluss mit Geschi- Brot in Dinklage. Die Firma meldete Insolvenz an. Der Spiegel titelte damals „Monopoly mit echtem Geld“. Doch die Dinklager waren nicht die einzigen, die auf den windigen Unternehmer hereingefallen waren. Schiesser hatte 1986 bundesweit für Schlagzeilen gesorgt,  als er den Wohnungsbaukonzern „Neue Heimat“ für 1 Mark kaufte und schnell klar wurde, dass er sich mächtig übernommen hatte.  Die Gemeinde Dinklage hat mit ihrer Ausfallbürgschaft bei der Insolvenz finanziell mächtig Federn lassen müssen. Immerhin fand sich mit Stöhr Brot ein Käufer für die moderne Fabrik, der hier bis heute produziert,

  • möglicherweise bin ich hier einer fehlerhaften Quelle (Jahrbuch Oldenburger Münsterland) aufgesessen. Wahrscheinlicher ist, dass die Einweihung bereits am 21. Dezember mit dem Tag der offenen Tür stattfand. Ein entsprechender OV- Artikel, der mir leider nur undatiert vorliegt spricht für diese Annahme.

Bildergalerie Geschi 1986

 

Brand auf Burg Dinklage

Am 12.1. 1963 beunruhigt eine Meldung, die sich rasch verbreitet ganz Dinklage: „Die Burg brennt“.  Betroffen ist der linke Flügel der Burganlage. Um 12.35 heult die Sirene. Trotz glatter Straßen ist die Feuerwehr vom damaligen Spritzenhaus an der Burgstraße gewohnt schnell vor Ort. Zur wasserversorgung wird das dicke Eis des Burggrabens durchschlagen und mit Hilfe der Nachbarfeuerwehren aus Lohne, Vechta und Steinfeld gelingt es, das Feuer in kurzer Zeit unter Kontrolle zu bringen und den Schaden in Grenzen zu halten, wie sich der spätere Gemeindebrandmeister Reinhold Albermann erinnerte. 1963 ist es sein Vorgänger im Amt Bernard Gilbers, dem es mit seinen Männern gelingt, die Burg vor der Zerstörung zu bewahren.

 

 

 

 Dechant Renschen

Ein neuer Pfarrer am 12.1.1915  als Nachfolger des verstorbenen Pfarrers Reinhold Moorkamp  in das Amt  eingeführt. Es ist der spätere Dechant Renschen. Er sorgt in den kommenden jahren für eine Erweiterung und Verbesserung der Kirchenausstattung. Der frühere Mitschüler des Kardinals Clemens August Graf von Galen am Antonianum Vechta kann den damaligen Bischof von Münster denn auch mehrmals in dessen Heimatgemeinde begrüßen: Zuerst 1934 und auch 1936 anlässlich seiner Firmungsreise.

Dechant Renschen gilt als einer der maßgeblichen Personen im Kreuzkampf gegen die nationalsozialistische Regierung. Im Jahr 1936 lässt er als sichtbares Zeichen des Protests jeden Abend das Kreuz auf dem Kirchturm anstrahlen. Als Dechant Renschen 1937 stirbt, ist auch der Bischof von Münster, Clemens August von Galen unter den Trauergästen.

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Hamsterfahrten

In der Nachkriegszeit herrschte auf der Bahnlinie vom Ruhrgebiet in Richtung Südoldenburg reger Betrieb. Unsere Region war bekannt dafür, dass man hier seinen kargen Speisezettel durch den nicht ganz legalen Erwerb  von  Schinken und dergleichen etwas aufbessern konnte.

Bahnhof Remagen, Hamsterfahrten

Hamsterfahrten Remagen 1947, Quelle Wikipedia

Auch meine Großmutter nahm nach dem 2. Weltkrieg einmal die beschwerliche Reise ins Oldenburgische auf sich.  Von Hattingen im Ruhrgebiet kommend fuhr sie in überfüllten Zügen ins Oldenburgische. Sie die Witwe eines Bergmanns lebte seinerzeit mit ihren 3 kleinen Kindern bei ihrer Schwägerin unter schwierigen Verhältnissen. In der Nähe von  Aachen, wo sie vorher wohnten waren sie „ausgebombt“ worden. Zeitlebens war diese Hamsterfahrt für sie ein traumatisches  Erlebnis. Da sie  mittellos war und keine geeigneten Tauschobjekte besaß, war diese einmalige Reise für sie in höchstem Maße erniedrigend.  Auch im Alter erzählte sie daher nur wenig aus dieser schlimmen Zeit. Nur der Eindruck, dass die südoldenburger Bauern ihre Schweineställe mit Teppichen hätten auslegen können, blieb haften und wurde in der Familie weitergegeben.

So kann ich eine gewisse Schadenfreude über die Zeitungsberichte nicht verhehlen, auf die ich kürzlich gestoßen bin.

Es war gegen Ende des 1. Weltkrieges, als sich „ein zweibeiniger Hamster weiblichen Geschlechts“ mit der Bahn auf den Weg nach Dinklage aufmachte, um hier die begehrten Fleischwaren zu erstehen  Beim Kleinbauern (Kötter) Kamphaus in Bünne kam die Frau ins Geschäft. Ein paar Eier und einen 15 kg schweren Schinken konnte sie dort erwerben. Dafür musste sie den stolzen Preis von 300 Mark berappen.  Sie kam der illegale Kauf aber noch teurer zu stehen.

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Norddeutsches Volksblatt vom 7.5.1918

Zurück am Bahnhof wurden der teure Schinken und die Eier sogleich vom hiesigen Ordnungshüter beschlagnahmt.  Für den Kötter Kamphaus aber kam es knüppeldick. Bei Ihm wurde sogleich eine Hausdurchsuchung vorgenommen. Diese förderte mindestens 3 Tonnen versteckten  Roggen und einen weiteren versteckten Schinken ans Tageslicht. Die Beschlagnahmung erfolgte auch hier.  Was folgte war zudem eine empfindliche Geldstrafe von 2500 Mark.

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Nachrichren für Stadt und Land, 8.11.2018

Ob der kleine Bauer seinen Verlust durch weitere Geschäfte dieser Art wieder  ausgleichen konnte, ist nicht bekannt. Ein gewisses Verständnis für den hohen Preis des Schinkens muss man ihm wohl angesichts des hohen „Geschäftsrisikos“ auch entgegenbringen.

Was bleibt ist die Frage, wo die 1250 Pfund Differenz aus gefundenem und bei der Verurteilung festgestelltem Roggen geblieben sind. Waren es Messungenauigkeiten, oder ist der Rest als „Provision“ in den Taschen der Gendarmerie  gelandet ?

 

 

Der Kaplan greift ein

Sozialistische Umtriebe wurden von der katholischen Geistlichkeit nicht gerne gesehen. Im Verein mit dem ortsansässigen Adelsgeschlecht derer von Galen  unternahm sie so einiges um ihre Schäfchen auf dem rechten Weg zu halten. Beispiele aus dem Kulturkampf des 19. Jahrhunderts lassen sich dafür einige finden. Dazu ist es allerdings nötig, auf zeitgenössische Presseartikel jenseits Südoldenburgs zurückzugreifen. Denn auch die Geschichtsschreiber jüngerer Zeit haben so Manches gern unter den Tisch fallen lassen, handelte es sich bei Ihnen doch oft um Geistliche oder zumindest um „gute Katholiken“.

Ein schönes Beispiel für die Einmischung der KIrche ist ein Vorfall, über den die sozialdemokratische Zeitung “ Die Republik“ am 24.1.1919 berichtet.

Einem Angestellten des Krankenhauses der Leser dieser Zeitung war, gab diese stets nach Gebrauch an die Patienten weiter. Daraufhin bedeutete ihm der damalige Dinklager Kaplan, dass er dies nicht gerne sehe. Immerhin rügte er den Angestellten wohl nicht so scharf, wie es in früheren Zeiten üblich gewesen wäre. Dass er ihm nicht untersagte selbst die Zeitung zu lesen hat sogar schon fast liberale Züge.

Dieser und andere Zeitungsberichte zeigen uns heute aber deutlich, wie weit das katholische Südoldenburg und das lutherische Nordoldenburg auseinander lagen.

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Bei dem erwähnten Kaplan handelte es sich um Gerhard Westerhoff, * 20.12.1877 in Kneheim. Westerhoff war seit 1907 Vikar in Dinklage und danach von 1909- 1923 Kaplan in Dinklage, bevor er 1923 eine Stelle als Pfarrer in Bunnen antrat. An dieser Stelle ist dem Pfarrer Clemens Heitmann zu danken, der die kirchliche Geschichte Dinklages in vielen Publikationen dokumentiert hat.

Die unten folgenden Abbildungen zeigen zeitgenössische Fotografien des Krankenhauses und der alten Kaplanei am Kösters Gang.